Die Situation in türkischen Familien in Deutschland wird häufig als geprägt durch Traditionalismus, patrilineare Familienbeziehungen und rigide Geschlechterrollenorientierung mit einer traditionellen Aufteilung von Erwerbs- und Hausarbeit dargestellt. Vor diesem Hintergrund wäre zu erwarten, dass türkischstämmige Eltern ein starkes Interesse daran haben, dass vor allem ihre Söhne einen möglichst hochwertigen Bildungsabschluss erzielen. Entsprechend sollten sie verstärkt in deren Bildung investieren. Wir gehen in diesem Artikel der Frage nach, ob es Hinweise auf solche Präferenzen und entsprechende Verhaltensweisen gibt. Anhand von Sonderauswertungen amtlicher Schulstatistiken des Landes Nordrhein-Westfalen können wir zeigen, dass türkische Jungen tatsächlich häufiger auf ein Gymnasium überwechseln als türkische Mädchen. Eine systematische Bevorzugung von Jungen durch türkische Eltern am Übergang in die Sekundarstufe kann allerdings anhand von Mikrodaten nicht bestätigt werden. Zudem zeigen die Aggregatdaten, dass sich das Geschlechterverhältnis schon ab Klasse sieben umkehrt. Von einer deutlichen und nachhaltigen Benachteiligung türkischer Mädchen im Vergleich zu türkischen Jungen kann demnach keine Rede sein.