Hildegard Brauns
Soziale Herkunft und Bildungserfolg in Frankreich

Zeitschrift für Soziologie, 1999: 28, Heft 3, S. 197-218

Die zentrale Frage des Beitrages ist, welche Rolle verschiedene Herkunftsmerkmale für den Bildungserfolg in Frankreich spielen, und inwieweit sich die sozialen Bildungsungleichheiten im Laufe des 20. Jahrhunderts gewandelt haben. Das französische Bildungswesen ist vor dem Hintergrund der Diskussion um die (Un)gleichheit der Bildungschancen von großem Interesse. Es ist dem republikanischen Gleichheitspostulat verpflichtet, aus dem sich die Prinzipien der Chancengleichheit und der Auslese einer Leistungselite als Richtlinien der Bildungspolitik ableiten. Die empirische Untersuchung beruht auf einer Sekundäranalyse der repräsentativen Bevölkerungsumfrage 'Formation-Qualification-Professionnelle' vom französischen Amt für Statistik. Die Ergebnisse zeigen, daß der Bildungserfolg in Frankreich maßgeblich von den Bedingungen der sozialen Herkunft abhängig ist. Im Gegensatz zu den Befunden des Shavit/Blossfeld-Projektes (1993) zeigt sich an den hierarchischen Qualifikationsstufen des französischen Bildungswesens zwar eine Abnahme herkunftsbedingter Ungleichheiten in den Beteiligungsquoten. Die differenzierte Betrachtung verschiedener, mehr oder weniger prestigereicher Ausbildungszweige belegt jedoch, daß der Zugang zu den exklusiven Bildungszertifikaten weiterhin in gleichem Maße von sozialen Herkunftsressourcen abhängig ist.