Birgit Hellmann, Michèle Knodt, Beate Kohler-Koch
Globalisierung und Integration: Strategievorstellungen deutscher Parlamentarier

Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung: Arbeitspapiere; 31
Mannheim
,
MZES
,
2000
ISSN: 1437-8574

Globalisierung und europäische Integration nehmen einen prominenten Platz in politischen Debatten und wissenschaftlichen Studien ein. Selten wird jedoch ein Zusammenhang zwischen beiden Entwicklungen hergestellt. Dieser Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, wie Globalisierung und europäische Integration im Denken außenpolitischer Akteure verknüpft werden und ihre strategischen Präferenzen beeinflussen. Akteure haben bestimmte Einschätzungen der Risiken und Herausforderungen der Globalisierung und leiten daraus Vorstellungen ab, wie ihnen angemessen begegnet werden könne. Ausgangsthese ist, dass Problemdefinition und Strategiewahl geleitet von "impliziten Theorien" werden. Zentral sind dafür "Weltbilder", d.h. grundlegende Annahmen über die tatsächlichen und wünschenswerten Ordnungsstrukturen internationaler Politik, denen die Funktion von "Leitideen" zukommt. "Weltbilder" sind theoretische Konstrukte. Aus der Theoriediskussion der Internationalen Beziehungen können abstrakte Idealtypen herausdestilliert werden, die dann als Folie dienen, um die sehr vielfältigen Weltbilder in der empirischen Wirklichkeit auf einzelne Grundmuster reduzieren zu können. Für die vorliegende Studie wurden drei internationale Ordnungsmodelle - "Staatenwelt", "Gesellschaftswelt" und "Vernetzungswelt" entwickelt, deren wesentliches Unterscheidungskriterium das Verhältnis zwischen gesellschaftlichem und politischem System ist. Die empirische Frage war, welche Weltbilder das Denken verschiedener Akteure beherrschen, ob voraussagbare Affinitäten zwischen Akteurskategorien und Weltbildern bestehen und ob letztere die gedanklichen Zusammenhänge, die zwischen Globalisierung und europäischer Integration hergestellt werden, beeinflussen.
Die Untersuchung hatte die Funktion einer Pilotstudie, um die Tragfähigkeit des analytischen Konzeptes und die Ergiebigkeit der gewählten Methode zu testen. Sie war als eine Befragung (Fragebogen und ergänzende Interviews) der Mitglieder des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestags angelegt.

Globalization and European integration are predominant in political debates and scientific studies. However, almost no one tries to find out how these two developments interact with and depend on each other. This contribution asks how globalization and European integration are being combined with each other in foreign actors' thinking and what impact this has on their strategic preferences. Actors assess the risks and challenges inherent to globalization. From these, they derive their strategies to deal with them in an adequate manner. The starting hypothesis here is that problem definitions and strategic choices are guided by "implicit theories". For these, "world views" are crucial, i.e. basic assumptions about real and wishful orders of international politics which function as "guiding ideas". "World views" are theoretical constructions. We can condense the theoretical discourse of International Relations to abstract ideal-types which serve as blueprint to reduce the empirically observable variety of world views to single basic patterns. For the present study, three models of international order "state world", "world society" and "network world" have been developed. The central criterion distinguishing between them is the relationship between societal and political system. The empirical question was how world views govern different actors' thinking, if there are predictable affinities between categories of actors and world views and if world views influence the context of thought that is created between globalization and European integration.
This study functions as a pilot study in order to test the workability of the analytic concept and the prolificness of the chosen method. It was designed as a survey (questionnaire and supplementary interviews) of the members of the committee of foreign relations of the German Bundestag.